Die schönste Wanderung an Schwedens Höga Kusten

Die Höga Kusten in Nordschweden ist ein Reiseziel, das nicht nur wegen seiner weltweit einmaligen Landhebungen zum UNESCO-Welterbe gehört, sondern auch auf jede Bucketlist gehört – erst recht für alle, die wilde Natur lieben und gerne wandern. Eine der Top-Attraktionen dieses Küstenabschnitts an der Ostsee ist der Skuleskogen-Nationalpark, durch den eintägige Wanderungen tief in Geologie und Geschichte führen. Ich stelle euch meine Lieblingstour vor, hinein in eine spannende Schlucht und zu einem der schönsten Aussichtspunkte.

Lohnt sich die Wanderung an Schwedens Höga Kusten?

Ich möchte euch die Wanderung im Skuleskogen-Nationalpark vom Entré Nord bis zur Schlucht Slåttdalsskrevan und zum Berg Slåttdalsberget vorstellen, der den schönsten Panoramablick über die Küste bietet. Sie gilt als die anspruchsvollste, aber auch spannendste Tageswanderung. Der Weg führt nicht nur an zwei Badeseen und einer Grillstelle vorbei, sondern auch an der Ostsee entlang.

Wer durchschnittlich fit und trittsicher ist, kann alleine wandern – mit einem lokalen Guide erfahrt ihr jedoch mehr über die weltweit höchsten Landhebungen seit der Eiszeit, die etwa einen Meter in 100 Jahren betragen. Deshalb sind der Nationalpark und die Landschaft der Höga Kusten Teil des UNESCO-Welterbes.

Fototipp: Den besten Weitblick über die Höga Kusten mit ihren Inseln bekommt ihr an klaren Tagen vom Slåttdalsberget, dem Ziel dieser Wandertour. Der kleine Berg ist nahezu baumfrei und – falls es nicht zu windig ist – ein idealer Foto- und Picknickspot. Mit einem Foto von den Granitfelsen könnt ihr jedoch nicht nur ein schönes Panorama zeigen, sondern auch, wo sich der Meeresboden befand, nachdem das Eis der letzten Eiszeit schmolz.

Anreise zum Skuleskogen Nationalpark Entré Nord

Strecke:ca. 12 km
Höhenmeter:ca. 300 m
Gehzeit:ca. 5 Stunden
Verpflegung:Picknick/Grillen an Grillstellen
Must-See:Slåttdalsskrevan-Schlucht

Die nächsten Flughäfen am Skuleskogen-Nationalpark sind der Örnsköldsvik Airport im Norden oder der Höga Kusten Airport zwischen Kramfors und Sollefteå, mit Direktflügen von und nach Stockholm.

Zum Eingang Väst des Skuleskogen-Nationalparks (bzw. nur 1,5 km davon entfernt) gibt es eine Busverbindung (Linie 50, die zwischen Härnösand und Örnsköldsvik verkehrt), jedoch leider nicht zum Eingang Nord. Daher ist die beste Anreisemöglichkeit der eigene Pkw bzw. ein Mietwagen.

Die Abfahrten zu den Eingängen Syd, Väst und Nord sind entlang der Hauptstraße E4 gut ausgeschildert, und auch die letzten Kilometer auf Schotterwegen sind gut befahrbar. Am Eingang Nord zum Nationalpark gibt es einen Parkplatz, von dem aus ihr bequem loswandern könnt.

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Früh aufstehen und Regenkleidung einpacken

Es lohnt sich – wie bei nahezu allen Tageswanderungen – früh aufzustehen, um reichlich Zeit für die Highlights des Skuleskogen-Nationalparks zu haben, sei es für Bade- und Fotostopps oder einfach, um die einmalige Landschaft mit ihren Landhebungen in Ruhe zu genießen.

Wichtig ist trittfestes Schuhwerk, am besten Wanderschuhe, denn gerade, wenn es kürzlich geregnet hat, sind die teils steinigen Wege vom Entré Nord bis zum Slåttdalsskrevan und Slåttdalsberget sehr rutschig! Auch Wanderstöcke können hilfreich sein, besonders wenn ihr Knieprobleme habt, da es manchmal steil bergauf und bergab geht.

Außerdem solltet ihr Badekleidung und ein Handtuch nicht vergessen, um in einen der Seen oder in die Ostsee zu springen, sowie einen wärmeren Pullover und Regenkleidung. Selbst im Sommer kann das Wetter an der Höga Kusten schnell umschlagen, und gerade auf dem Slåttdalsberget weht manchmal starker Wind.

Bringt genug Essen und Wasser mit, denn unterwegs gibt es keine Versorgungsmöglichkeiten. An der Grillstelle am See Tärnättvattnen (wo es auch eine Holzhütte mit Übernachtungsmöglichkeit gibt) könnt ihr mitgebrachtes Essen grillen.

Ein verregneter Morgen zum Start der Tour

Es sind Regentropfen, die mich an diesem Morgen wecken. Sie prasseln auf das Dach meiner Holzhütte, oder Stuga, wie man auf Schwedisch sagt, im Friluftsbyn, wo ich eine Nacht verbracht habe. Von dort trennen mich nur 24 km vom Entré Nord des 1984 gegründeten Skuleskogen-Nationalparks, wo ich an diesem Tag wandern will. Tief hinein in die Welt von Felsen, die sich seit rund 13.000 Jahren noch immer stückchenweise erheben – der Skuleberget im Rücken des Friluftsbyn sogar um 8 mm im Jahr, wie ich am Vortag im Naturum gelernt habe. Und jetzt das!

Die Wetter-App kündigt für den gesamten Morgen Starkregen an. Ich habe keine Lust auf die steilen, rutschigen Steine und Felsen, die den Pfad vom Nordeingang des Nationalparks bis zur berühmten Schlucht Slåttdalsskrevan pflastern sollen. Doch was bleibt mir übrig, wenn verschieben zeitlich nicht geht und der gebuchte Guide ohnehin das Prinzip „Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung“ verfolgt?

In Regenjacke, -hose, Baskenmütze und mit hölzernem Wanderstock erwartet mich Bengt, den ich auf rund 70 schätze, am Eingang Nord. „Es wird rutschig heute!“, begrüßt er mich mit einem Grinsen, und schon geht es hinein in den Nadelwald, in dem laut Legenden früher Riesen und Trolle lebten und sich Räuber versteckten. Kann ich mir bei dem düsteren Weg, über den Nebelgespenster wabern, richtig gut vorstellen.

Schon wenige Minuten später ist meine schlechte Laune verflogen – als ich die ersten Engelshaarflechten erblicke. Sie hängen von den Bäumen wie schlappe Bärte uralter Männer, und ich liebe sie. Regentropfen haben sich in dem feinen „Haar“ verfangen, und wenn ich es berühre, fühlt es sich viel widerstandsfähiger an, als das zarte Äußere vermuten lässt. In einem anderen Nationalpark habe ich gelesen, dass es diese Flechten nur gibt, wo die Luft besonders rein ist.

Bengt deutet stattdessen auf einen Steinhaufen, den ich nicht weiter beachtet hätte. „Das ist ein steinerner Grabhügel“, erklärt er mir. Bereits in der Bronzezeit habe man Tote unter Steinhaufen beigesetzt, und zwar oftmals in Strandnähe. Tatsächlich befindet sich das Grab kurz hinter einem Strand, an dem leichte Ostseewellen lecken, in der Bucht Näskefjärden. Vermutlich habe man damit über das Wasser kommenden Fremden zeigen wollen, dass die Gegend bereits bewohnt sei.

Immer wieder bleibt Bengt stehen, zeigt auf Rentierflechten, dann, in der Nähe des Sees Tärnättvattnen, auf grüne Blätter an kurzen Stielen. Die kenne ich, das sind Moltebeerenpflanzen. Doch noch sind die köstlichen goldenen Beeren, die im Norden als „Gold des Waldes“ gelten, nicht reif. Bald erspähen wir eine Hütte neben dem See, davor eine Grillstelle, wo sich eine Mutter und ihr Sohn soeben ihr Brunch warmmachen. Der Regen hat aufgehört, und ich freue mich. Vielleicht wird es doch noch etwas mit der Aussicht vom Slåttdalsberget, auf die ich mich so gefreut habe?

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Die Hütte am See

Meine Hoffnung verflüssigt sich, als Bengt und ich gerade die Regenjacken ausgezogen und unsere Fika – schwedisch für einen Snack mit Kaffee – hervorgeholt haben: Es ist, als würde über uns jemand das Tor eines Wasserfalls öffnen. Zusammen mit der Mutter und ihrem Sohn flüchten wir in die Holzhütte, Sekunden später gesellt sich noch ein deutscher Wanderer zu uns. Wir bewundern die beiden Stockbetten in der Hütte und den offenen Kamin, wo man sich kostenfrei, wie vielerorts in der Natur Schwedens, ein gemütliches Nachtlager bereiten kann.

Statt über das Prasseln vor der Tür zu schimpfen, freuen wir uns über das Glück, ein Dach über dem Kopf zu haben, und erzählen uns Geschichten über unseren bisherigen Reiseverlauf. Bald weiß ich, dass der feine Panoramablick und schöne Fotos vom Slåttdalsberget nebensächlich sind. Es ist dieses unerwartete Zusammentreffen mit anderen Wanderern, die sich durchnässt aneinanderkuscheln, und das zwanglose Plaudern, das mir noch lange in Erinnerung bleiben wird. Niemand schaut auf die Uhr, aber als es draußen ruhiger wird, lugen wir aus der Tür und schnallen unsere Rucksäcke wieder auf.

Bengts Warnung, dass der Weg rutschig wird, bewahrheitet sich, als wir teils moosbewachsene Felsen hinaufkraxeln. Ich bin froh, ihn dabei zu haben, denn der mit orangen Punkten markierte Weg ist nicht immer leicht zu erkennen, erst recht nicht bei Nebel, der nun von der Küste hereinzieht. Doch Bengt, der sich auch blind in der felsigen Landschaft zurechtfinden würde, steuert mühelos auf die Schlucht Slåttdalsskrevan zu, wegen der die meisten Touristen in den Skuleskogen-Nationalpark kommen.

Plötzlich stehen wir davor: vor einer 200 Meter langen, steinigen Schlucht, eingerahmt von bis zu 30 Meter hohen Felswänden, die aussehen wie glattgeschliffen. Zwar können Wanderer nicht mehr in die Schlucht hineingehen – zu ihrem Schutz und wegen der Steinschlaggefahr gibt es Absperrungen an den Enden – wohl aber unten und auch von oben in dieses Wunderwerk der Natur hineinschauen.

„Kannst du dir vorstellen, dass diese Schlucht an die 1.200 Millionen Jahre alt ist?“, fragt mich Bengt. Kann ich nicht – auch nicht, dass es mehr als eine Eiszeit und das Meer waren, die den Raum zwischen den nahezu senkrechten Wänden aushöhlten. Lange stehe ich vor der Schlucht, lausche den Wassertropfen, die hier und dort von den Felsen abperlen, und bin dankbar – für das Schietwetter dieses Tages, denn bei schönem Sommerwetter wird es im Slåttdalsskrevan laut Bengt richtig voll.

Ende gut, alles gut

Ich traue meinen Augen nicht: Als wir immer höher die Felsen emporklettern, um auf den Slåttdalsberget zu gelangen, lichtet sich der Nebel plötzlich ein wenig, und ich erkenne in der Ferne den Bottnischen Meerbusen und bewaldete Inseln. Bengt schaut mich mitleidig an, und sein Blick verdeutlicht, dass dieses Mini-Panorama im Vergleich zu klaren Tagen gar nichts ist.

Doch ich habe gelernt, mich mit wenig zu begnügen, und freue mich, dass ich überhaupt etwas an diesem Tag, für den durchgehend schlechtes Wetter angesagt ist, erspähen kann. Vielleicht gibt es einen mir wohlgesinnten Troll, der noch immer zwischen Bäumen und Felsen lebt. Denn als wir den kleinen Berg erreichen – der keinen Gipfel hat, sondern vielmehr eine vom Wind abrasiert wirkende Steinoberfläche mit kaum Vegetation –, da sind Nebel und sämtliche Wolken weg.

Die Sonne strahlt auf uns hinab, und obwohl uns ein nun kräftiger Wind vorwärts schiebt, eröffnet sich vor mir eine der schönsten Aussichten, die ich seit Langem gesehen habe. Die Steinfläche voller Pfützen verwandelt sich zum Meer hin in einen felsigen Wald, danach gibt es nichts mehr außer der aufgerauten Ostsee.

Hier und da erheben sich winzige oder größere grüne Inseln aus der blauen Weite. Bengt zeigt auf eine nach der anderen. Die größte Insel ist Ulvön, wo angeblich viele Bewohner der Höga Kusten eine Stuga haben, Sommerhäuschen. Unsere Mägen knurren, und Bengt sucht einen windgeschützten Ort in den Felsen, wo wir unsere mitgebrachten Stullen und Thermoskannen auspacken. Er gibt mir von seinen Nüssen ab, ich ihm von meiner Schokolade.

Obwohl uns noch ein steiler, steiniger und manchmal rutschiger Rückweg bevorsteht, haben wir keine Eile. Und wenn es nicht irgendwann frisch geworden wäre, säße ich dort wohl noch heute, um dem Wind zu lauschen und die Sicht über Wald und Meer zu genießen. Denn spätestens seit jenem Tag weiß ich: Die Höga Kusten ist zu einer meiner Lieblingsregionen in Schweden geworden, und ich möchte dort noch öfter wandern.

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Fazit

Ich kann die Wanderung im Skuleskogen-Nationalpark sehr empfehlen – insbesondere vom Entré Nord zur Schlucht Slåttdalsskrevan und weiter auf den Slåttdalsberget mit der schönsten Aussicht. Um die geologischen Besonderheiten der Region besser zu verstehen, lohnt sich vorab ein Besuch im Naturum der Höga Kusten. An den Felsen rund um das Informationszentrum kann man außerdem wunderbar klettern.

Ein weiteres Highlight der Höga Kusten ist der Skuleberget mit 295 Metern, der die weltweit höchste Küstenlinie bildet. Die Aussicht von dort ist an klaren Tagen fast noch schöner als vom Slåttdalsberget. Auf den Berg führen verschiedene Wander- und Kletterwege, aber im Sommer auch eine Seilbahn.

Lage

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