Mendelkamm: Sagenhafte Wanderung in Südtirol

Befinde ich mich gerade wirklich in den Alpen oder doch im lateinamerikanischen Dschungel? Nachdem ich kurz zuvor noch im dichten Wolkennebel über alpine Steige balanciert bin, wandere ich nun durch eine üppig grüne Schlucht, vorbei an meterhohen Wasserfällen. Die wildromantische Rastenbachklamm ist aber nur eines der Highlights, die mich auf der Wanderung über den Mendelkamm überraschen. Diese Tagestour bei Kaltern in Südtirol führt durch eine vielfältige Natur, bietet atemberaubende Ausblicke und endet am wärmsten Badesee der Alpen.

Lohnt sich die Wanderung über den Mendelkamm?

35 Kilometer lang zieht sich der Mendelkamm südöstlich von Bozen und bildet über weite Strecken eine natürliche Grenze zwischen den italienischen Provinzen Südtirol im Osten und Trentino im Westen. Der Hausberg der Weingemeinde Kaltern ist sowohl bei Urlaubern als auch Einheimischen ein beliebtes Ausflugsziel und bietet Wanderrouten unterschiedlichsten Schwierigkeitsgrades.

Die Wanderung zum höchsten Berg des Mendelgebirges, dem Monte Roen, ist eine besonders schöne und abwechslungsreiche Tour, die mit einer Fahrt mit einer der steilsten Standseilbahnen Europas beginnt und am wärmsten Badesee der Alpen endet. Unterwegs gibt es eine vielfältige Natur, spektakuläre Tief- und Weitblicke sowie mehrere Möglichkeiten zur Einkehr. Die Tour kann dabei ganz nach Lust und Zeit verlängert oder verkürzt und auch auf zwei Tage verteilt werden.

Fototipp: Ein besonders eindrucksvolles Motiv hat man ca. 100 m vor dem Gipfelkreuz des Monte Roen, wo sich zwischen zwei Felsen ein spektakulärer Tiefblick eröffnet. Positioniert man die Kamera dort und läuft nur wenige Meter zum Ende des Felsvorsprungs weiter, ergibt sich eine beeindruckende Perspektive, die einer Drohnenaufnahme ähnelt.

Anreise nach Kaltern am See

Strecke:21,5 km
Höhenmeter:900 hm
Gehzeit:8-9 Stunden
Einkehrtipp:Überetscherhütte
Jahreszeit:Mai-Oktober

Von München aus fährt mehrmals pro Tag ein EC nach Bologna mit Halt in Bozen in Südtirol. Die Fahrzeit beträgt knapp 4 Stunden. Von hier sind es mit dem Regionalbus noch einmal gut 30 Minuten bis nach Kaltern am See.

Wer mit dem Auto anreist, kann entweder an der Talstation der Mendelbahn parken oder fährt noch weiter bergauf bis zum Mendelpass, wo es ebenfalls einen Parkplatz gibt.

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Mit einer der steilsten Standseilbahnen Europas bergauf

Nach einem ausgiebigen Frühstück verlasse ich meine Unterkunft am Marktplatz in Kaltern und spaziere zur Bergstation der Mendelbahn. Heute wandere ich mit leichtem Gepäck, denn laut Wetterbericht soll es den ganzen Tag trocken bleiben und unterwegs gibt es mehrere Einkehrmöglichkeiten.

Eine leichte Regenjacke und einen Pulli habe ich trotzdem dabei, denn auch wenn es hier im Tal sommerlich warm ist, geht es für mich immerhin auf über 2.000 m. In meinem Rucksack sind außerdem zwei Flaschen Wasser, ein Erste-Hilfe-Set sowie mein Südtirol Guest Pass, der bei den teilnehmenden Betrieben im Zimmerpreis inkludiert ist. Mit ihm kann man alle Verkehrsmittel in Südtirol und auch die Mendelbahn kostenlos nutzen. Sehr praktisch!

Der Mendelkamm versteckt sich an diesem Morgen noch unter einer kuscheligen Wolkendecke, während sich im Tal die Weinhänge bereits in der Sonne räkeln. Ich nehme die erste Mendelbahn – übrigens mit 64 % Steigung eine der steilsten Standseilbahnen Europas – und befinde mich keine 12 Minuten später inmitten der grauen Watte auf 1363 m.

Aussicht gleich null und ich ziehe direkt meinen Pulli über. Aber Kaltern ist nicht nur bezüglich des Wetters immer für eine Überraschung gut. Der Himmel über dem Südtiroler Weindorf ändert sich ungefähr so häufig wie die Natur, durch die ich an diesem Tag wandere.

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Vom Mendelpass zum Monte Roen

Mein Ziel ist der mit 2.116 m höchste Punkt des Bergkamms, der Monte Roen. Vom Mendelpass führt der Weg zunächst mit moderater Steigung über eine Forststraße durch Fichtenwälder und dann vorbei an grasenden Kühen und unzähligen Alpenrosen bis zum Gipfelkreuz. Der Ausblick von hier ist genauso spektakulär wie die steil abfallenden Felsen, über denen die Wolken dramatisch aufsteigen.

Doppeltes Gipfelglück bekommt, wer nun noch weiter über das latschenbewachsene Hochplateau wandert. Nach etwa einer halben Stunde taucht das riesige Holzkreuz vom Schwarzen Kopf auf und bei klarer Sicht eröffnet sich ein weiterer toller Ausblick ins Etschtal.

Ich hingegen blicke erneut auf eine weiße Wand. Der Himmel hat sich dramaturgisch dem Wanderweg angepasst, denn der Gamssteig, über den ich nun weiterlaufe, ist ziemlich abenteuerlich.

Der sehr schmale und meist seilversicherte Weg schlängelt sich eng an der Felswand entlang, daneben geht es in die Tiefe. Hier sind absolute Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und Konzentration gefragt. Wer sich unsicher ist, sollte lieber über den gleichen Weg zurückwandern.

Durch die Rastenbachklamm zum Kalterer See

Erleichtert komme ich an der Überetscher Hütte an und gönne mir erst einmal einen – zugegebenermaßen außergewöhnlich guten – Kaiserschmarrn. Die Wolken lichten sich wieder etwas und geben den Blick von der Sonnenterrasse ins Tal frei. Dorthin steige ich dann über den Göllersteig und durch die Rastenbachklamm hinab.

Alternativ läuft man zurück zur Bergstation der Mendelbahn und lässt sich ganz entspannt wieder nach Kaltern bringen. Die Wanderung durch die wildromantische Rastenbachklamm sollte man dann aber auf jeden Fall an einem anderen Tag nachholen. Am frühen Morgen oder späten Nachmittag ist es hier besonders leer.

Über eiserne Brücken und Treppen bahne ich mir den Weg durch die üppig grüne Schlucht, immer dem rauschenden Bach folgend. Während ich kurz zuvor noch im dichten Wolkennebel über einen alpinen Steig balanciert bin, lässt der mit Moosen und Efeu bewachsene Laubwald nun echtes Dschungelfeeling aufkommen.

Immer mal wieder stürzt sich ein Wasserfall in die Tiefe oder es eröffnet sich ein atemberaubender Ausblick über den Kalterer See. Apropos: Egal für welche Wanderung man sich in Kaltern entscheidet, am Ende wartet als krönender Abschluss ein erfrischendes Bad im See – und natürlich ein leckeres Glas Wein.

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Fazit

Als ich am Ende des Tages meine Pizza mit Seeblick genieße und dabei durch meine Handyfotos scrolle, kann ich kaum glauben, dass das die Erlebnisse nur eines Tages sein sollen. Sonnige Weinhänge, duftende Wälder, schroffe Felsen, wilde Schluchten und der wärmste Badesee der Alpen – die Wanderung über den Mendelkamm bietet eine Naturvielfalt, wie ich sie bisher nur selten erlebt habe, und zählt definitiv zu einer meiner bisher schönsten Touren. Wer es gemütlicher mag, teilt die Strecke auf zwei Tage auf oder legt eine Übernachtung auf der urigen Überetscher Hütte ein. Oder aber ihr verkürzt und besucht direkt die wunderbare Rastenbachklamm.

Lage

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