Ein Abenteuer mit Aussicht abseits der Wanderwege: Das Klettersteigen erfreut sich seit vielen Jahren wachsender Beliebtheit. Kein Wunder, denn auf den gesicherten Steigen kann man die Faszination der Vertikalen hautnah erleben, ohne die komplexen Sicherungstechniken anwenden zu müssen, die beim Alpinklettern benötigt werden. Selbst für Einsteiger bietet das Klettersteigen eine spannende Möglichkeit, die felsige Welt der Berge zu erkunden. Ich gebe euch sieben hilfreiche Tipps, die dabei helfen, euch optimal auf die erste Klettersteigtour vorzubereiten und in diesen faszinierenden Sport einzusteigen.
Klettersteig-Grundwissen für Anfänger
Ein Klettersteig, auch als „Ferrata“ bekannt, ist eine alpine Route, die mit fest installierten Sicherungseinrichtungen wie Stahlseilen, Leitern, Klammern und gelegentlich auch Brücken ausgestattet ist. Diese Sicherungseinrichtungen ermöglichen es den Kletternden, steile oder sogar senkrechte Felswände sicher zu überwinden, ohne fortgeschrittene Klettertechniken oder Ausrüstung wie Seile und Klemmgeräte zu benötigen.
So bieten Klettersteige eine tolle Möglichkeit, alpine Landschaften zu erkunden und sich einer neuen Herausforderung zu stellen, ohne das umfangreiche Know-how und die teure Ausrüstung des klassischen Fels- und Alpinkletterns zu benötigen. Daher sind Klettersteige beispielsweise für ambitionierte Wanderer ein toller Einstieg in die erweiterte Bergsportwelt, denn bei der passenden Auswahl eines leichten Steiges sind Klettersteige auch für weniger Erfahrene gut machbar.
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#klettersteig
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1. Geführter Kurs für den Start in den Klettersteig

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Bin ich sehr erfahren im Bergsport und habe vielleicht schon andere Klettersportarten ausprobiert? Oder bin ich eher neu in diesem Gebiet und kenne mich mit alpinen Gefahren und versicherten Stellen kaum aus? Es ist sinnvoll, sich diese Fragen zu stellen, bevor man die erste Klettersteig-Tour plant. Es gibt mehrere Wege, um mit dem Sport anzufangen: Über einen gebuchten Kurs, zum Beispiel über einen Alpenverein, über Freunde oder Bekannte, die sich mit Klettersteigen auskennen, oder ganz selbstständig.
Welche Variante die richtige ist, hängt ganz von der individuellen Situation ab. Am sichersten ist es natürlich, an einem richtigen Klettersteigkurs teilzunehmen, bei dem euch ein erfahrener Bergführer begleitet und schult. Dennoch ist es für sportliche Personen mit alpiner Erfahrung auch gut möglich, auf einen Kurs zu verzichten. Lest euch dann gut ein und lasst euch die Technik immer von erfahrenen Personen zeigen. Gut geeignet sind hierfür Übungsklettersteige oder Klettergärten am Berg. Dazu später mehr.
2. Die richtige Klettersteig-Ausrüstung besorgen

Die essenziellen Bestandteile eurer Ausrüstung sind ein gut passender Klettergurt, ein sogenanntes Klettersteigset, das sozusagen eure „Sicherheitsleine“ ist und aus zwei elastischen Seilen mit Karabinern besteht, ein leichter Kletterhelm und gute Schuhe. Bei den Schuhen ist ein gutes Profil und eine steife Sohle wichtig – ob es sich um vollwertige Bergschuhe oder eher leichte Zustiegsschuhe ohne hohen Schaft handelt, ist Geschmackssache.
Optional, aber empfehlenswert ist es auch, eine einfache Bandschlinge mit einem Schraubkarabiner mitzunehmen. Während in das Klettersteigset ein sogenannter Bandfalldämpfer integriert ist, der euren Sturz zwar abfedert, euch aber meterweit nach unten fallen lässt, kann man sich über die Bandschlinge einfach einhaken und kurz sitzend ausruhen. Das ist gerade bei längeren Steigen sehr praktisch und gibt euch zudem die Möglichkeit, euch in Ruhe und gesichert die Aussicht anzuschauen!
Hilfreich sind außerdem Handschuhe, denn die Drahtseile führen schnell zu Blasen und Schwielen. Es gibt extra Klettersteighandschuhe, aber auch Fahrradhandschuhe mit gutem Grip funktionieren. Ansonsten gilt es, die übliche Ausrüstung mitzuführen, die ihr am Berg braucht: einen gut sitzenden Rucksack, Sonnenschutz und ein Erste-Hilfe-Set.
- Klettersteigset
- Helm (Steinschlaggefahr)
- gute Schuhe mit Profil!
- Handschuhe
- gut sitzender Rucksack
- Sonnenschutz & Erste-Hilfe-Set
- optional: Bandschlinge mit einem Schraubkarabiner
3. Kletterpartner suchen

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In der Gruppe ist man immer sicherer als allein. Das gilt für alle Sportarten und ist beim Klettersteiggehen besonders relevant. Falls ihr doch stürzen solltet, seid ihr vielleicht nicht mehr in der Lage, euch Hilfe zu rufen, und geratet alleine in eine unnötig gefährliche Situation. Auch bei der Tourenplanung und Gefahreneinschätzung sehen vier Augen mehr als zwei.
Sucht euch also Kletterpartner, mit denen ihr gemeinsam geht – im Idealfall Menschen mit einem mindestens ähnlichen sportlichen Anspruch, denen ihr vertraut. Wenn ihr noch unerfahren seid, ist es umso besser, wenn eure Kletterpartner sich vielleicht schon mit Klettersteigen auskennen. Außerdem macht es auch viel mehr Spaß, gemeinsam zu klettern!
4. Tourenplanung an Erfahrung und Schwierigkeit anpassen

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Damit das erste Klettersteigerlebnis etwas ganz Besonderes und keine Überforderung wird, ist die Tourenplanung entscheidend. Aber wie wählt man einen passenden Klettersteig aus? Es gibt verschiedene Optionen: Sportklettersteige in Talnähe, Alpinklettersteige zu hochalpinen Gipfeln, Fun-Klettersteige mit Übungscharakter oder kinderfreundliche Varianten.
Es ist wichtig, die eigenen Grenzen zu respektieren und sich gerade beim ersten Steig an die Technik zu gewöhnen. Wer keinen Kurs gebucht hat, wählt hierfür am besten einen Übungsklettersteig oder einen kurzen Klettersteig mit niedriger Klassifizierung (A).
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Für die Einschätzung der Schwierigkeit ist die Schall-Skala (A bis E/F) am verbreitetsten. Dabei hat die Stufe A – „leicht“ – nur wenig steile und ausgesetzte Stellen. B ist schon etwas anspruchsvoller, aber für sportliche Personen mit erster Klettererfahrung gut machbar. Die meisten Notfälle ereignen sich bei schwereren Steigen (C-D), die mehr Armkraft erfordern und oft unterschätzt werden – hier kann es auch Stellen mit Überhängen geben. Die Schwierigkeitsstufe ist jedoch nur ein erster Hinweis, denn die Gesamtschwierigkeit einer Tour wird durch verschiedene Faktoren bestimmt.
Achtet unbedingt auch darauf, dass der erste Klettersteig nicht zu lang wird oder zu viele Höhenmeter hat! Gerade zu Beginn ist eine Kletterzeit von einer halben Stunde gar nicht so wenig. Wichtig ist es außerdem, vorher zu überprüfen, wie lang und anstrengend der Zustieg ist und ob es im Steig sogenannte „Notausstiege“ gibt, über die ihr den Steig verlassen könnt, wenn die Kraft nicht ausreicht.
5. Ausrüstung kennenlernen und sicher einhaken

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Bevor es am Steig losgeht, sollte man sich in aller Ruhe mit der Technik vertraut machen. Das Klettersteigset wird am Klettergurt befestigt (achtet hier unbedingt darauf, euch richtig zu sichern und schaut im Zweifel in die Angaben der Hersteller – denn nicht jeder Gurt hat die gleichen Anseilschlaufen), der Helm angezogen und auch die restliche Ausrüstung parat gemacht. Wenn ihr euch in das Stahlseil einklinkt, sollte alles überprüft worden sein – sind die Schuhe zu, die Rucksackschlaufen und alle Taschen geschlossen?
Beim Benutzen des Klettersteigsets gilt dann das Prinzip des stetigen Gesichert-Seins. Das bedeutet, dass zu jeder Zeit mindestens ein Karabiner im Stahlseil eingehängt sein muss. An den Verankerungspunkten des Seilgeländers erfolgt der Karabinerwechsel, indem zuerst ein Karabiner vor dem Fixpunkt eingehängt wird. Erst danach wird der andere Karabiner hinter dem Fixpunkt ausgehängt und nachgezogen. Das Klettersteigset soll einen Totalabsturz verhindern. Allerdings können – trotz Sicherheitsvorkehrungen – bei einem Sturz mitunter schwerwiegende Verletzungen auftreten, denn teilweise könntet ihr meterweit fallen.
Ähnlich wie der Airbag beim Skitourengehen dient das Klettersteigset primär der Schadensbegrenzung; es sollte jedoch idealerweise niemals zum Einsatz kommen müssen. Daher gilt bei jedem Klettersteig: Ein Sturz muss unbedingt vermieden werden!
Befinden sich weitere Klettersteiggeher im Steig, so ist unbedingt auf Sicherheitsabstände zu achten. Der Abstand zur Person vor euch sollte immer mindestens eine Zwischensicherung betragen, an steilen Stellen sogar zwei. Nur so ist gewährleistet, dass man bei einem Sturz nicht mitgerissen wird oder andere gefährdet.
6. Wetterbedingungen immer im Blick haben

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Neben der richtigen Technik gibt es weitere Gefahrenquellen, die immer wieder zu Unfällen an Klettersteigen führen und die vorher beachtet werden sollten. Denn wer sich vorher gut informiert und alpine Gefahren ausschließt, kann nachher auch entspannter die Tour genießen – das gilt wohl für alle Unternehmungen am Berg.
Ganz wichtig ist hierbei das Wetter. Nässe oder Vereisungen machen Klettersteige immens viel schwieriger. Es ist grundsätzlich nicht zu empfehlen, bei Regen, Eis oder Schnee an den Steig zu gehen. Auch wenn es in den Vortagen viel geregnet hat, kann der Fels noch nass sein – wartet dann lieber ab, bis wirklich alles trocken ist. Natürlich solltet ihr im Wetterbericht zudem auf eine Unwettergefahr achten, denn niemand möchte bei Gewitter oder starkem Wind an einem Stahlseil hängen.
Wenn aus dem Wetterbericht hervorgeht, dass es ein besonders heißer und sonniger Sommertag wird, dann ist das ebenfalls eine wichtige Botschaft für euch. Gerade nach Süden ausgerichtete Kletterwände können in der Mittagshitze sehr gefährlich werden. Daher ist es im Sommer eigentlich immer sinnvoll, früh zu starten und die heißeste Phase zu meiden! Sonnenschutz gehört natürlich trotzdem dazu.
Eine weitere nicht zu unterschätzende Gefahr ist Steinschlag. Gerade an sehr steilen Steigen könnt ihr an der Wand leicht von herabfallenden Steinen getroffen werden. Davor soll der Helm natürlich schützen, versucht aber trotzdem, die Steinschlaggefahr vorher einzuschätzen und während des Steiges zu vermeiden, selbst Steine loszutreten auf Personen, die unter euch klettern.
7. Kraft und Kondition regelmässig trainieren

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Mit ein paar kleinen Tipps könnt ihr beim Klettersteiggehen schon viel erreichen und mit etwas Zeit und Übung immer anspruchsvollere Steige bewältigen. Bringt möglichst viel Belastung auf die Füße, um einen starken Stand zu halten, und nutzt Techniken wie das sichere Treten und das geschickte mittige Positionieren eures Körpers, um Balance zu halten – vielleicht kennt ihr einzelne Techniken schon aus dem Klettern in der Halle.
Sucht euch immer wieder gute Raststellen und nutzt die Bandschlinge, um neue Energie zu tanken und euch den vor euch liegenden Abschnitt schon einmal anzusehen. Genügend Zeit, den Ausblick zu genießen oder etwas zu trinken, sollte natürlich auch da sein!
Wenn ihr die Ambition habt, schwierigere und längere Klettersteige zu gehen, dann bringt euch jedes Felskletter- oder Hallentraining weiter und steigert die Kraft und Kondition. Im Idealfall nutzt ihr erst einmal Übungsklettersteige, um einen höheren Schwierigkeitsgrad auszuprobieren. Ihr werdet merken, dass es mit etwas Übung immer leichter wird und mehr Spaß macht.
Reisetipps für Klettersteige
Schon gewusst? Wenn ihr schon einige Erfahrungen mit Klettersteigen gesammelt habt, könnt ihr gezielt nach besonders ungewöhnlichen und spaßigen Routen Ausschau halten. Für einen besonderen Nervenkitzel können etwa lange Himmelsleitern oder Seilbrücken sorgen. Manchmal führen Klettersteige auch durch Höhlen – ein ganz besonderes Erlebnis, das allerdings nur Spaß macht, wenn man an eine Kopflampe gedacht hat. Es gibt auch leichtere Klettersteige, die etwas Besonderes bieten, zum Beispiel durch die direkte Nähe zu einem Wasserfall oder ein besonders schönes Panorama.
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